Wir freuen uns, die vierte Einzelausstellung der Künstlerin Ilse Henin zu präsentieren, eine Hommage an ihren 80. Geburtstag im November und ein Zeugnis ihrer unermüdlichen Schaffenskraft. Die gezeigten großformatigen Blätter sind Teil einer umfangreichen Serie, die in den letzten Monaten entstanden ist. Wie ein Bewusstseinsstrom ziehen sich Bilder, Erinnerungen und Träume an den Galeriewänden entlang, korrespondieren über die Blattränder hinweg miteinander und stehen doch in ihrer Komplexität für sich.

Die "Villa Friede" ist das Geburtshaus der Künstlerin in Bonn Bad Godesberg. Ab 1942 war die Universitätsfrauenklinik der Stadt Köln teilweise und ab Oktober 1944 wegen der zunehmenden Bombardierung vollständig dorthin verlegt worden. Geburt und Tod: ein wiederkehrendes Thema in Henins Zeichnungen. Der Name "Villa Friede" steht aber auch für einen utopischen Ort, an dem Menschen in Frieden und Respekt zusammenkommen, ein politisches Anliegen, das Henin als Friedensaktivistin und Atomkraftgegnerin seit den 1960er Jahren verfolgt und bis heute lebt.

Wie weit ein solcher Ort in der Gegenwart entfernt ist, zeigen die Spannungen und Fronten in ihren aktuellen Zeichnungen, in denen sich scheinbar unüberwindbare Gegensätze gegenüberstehen und die sie gleichzeitig formal mit ihrer unverwechselbaren Bildsprache ausbalanciert. Sie wirft einen rigorosen Blick auf den Zustand der Welt mit ihrem Leid, ihrer Qual, aber auch ihrer Schönheit. Sie verlangt vom Betrachter den Mut, hinzusehen und sich zu positionieren. Kalte Maschinen treffen auf verletzte Körper, Raketen und Waffen hinterlassen eine dystopische Realität, in der sich die Menschen winden und winden. Die teilweise deformierten Körper scheinen aus verschiedenen tierischen oder menschlichen Wesen und abstrakten Räumen zusammengewachsen zu sein.

"Ilse Henins Werk entfaltet ein Panorama gesellschaftlicher oder, wenn man so will, innerer Konflikte, verkörpert durch eine weiblich-männliche Dichotomie: Ihre Protagonisten, teils nur skizzenhaft umrissen, teils archaische, totemistische Figuren, begleitet von Tieren, kämpfen und debattieren, dringen aggressiv ein und gehen sanft ineinander über. Henins kraftvolle Linien und weibliche Figuren, die nicht nur innerhalb der quadratischen Grenzen ihres Papiers um Raum kämpfen, wirken so energisch, als kämen sie aus der Hand eines wütenden jungen Mädchens. Diese Präsentation kommt zur rechten Zeit: Sie zeigt, dass Künstlerinnen, vor allem ältere, nicht nur weiße, männliche Meister sind.“*


Ilse Henin (*1944) lebt und arbeitet in der Eifel. Ihre Werke befinden sich neben privaten Sammlungen in der Sammlung der Bundesrepublik Deutschland und in der Graphischen Sammlung des Museums Kunstpalast in Düsseldorf.
Von 1966 bis 1970 studierte sie an der Kunstakademie Karlsruhe bei Professor Horst Egon Kalinowski. Zwischen 1970 und 1978 war sie regelmäßiges Mitglied des "Neumarkt der Künstler" in Köln, einer alternativen Künstlerinitiative. Zahlreiche Ausstellungen in Deutschland und Europa. Im Jahr 2023 wurden über 70 Werke von Henin im Rahmen der Ausstellung Die unhintergehbare Verflechtung aller Leben in der Kunsthalle Düsseldorf gezeigt.

*Astrid Mania über Ilse Henin’s Ausstellung Weiß wie Schnee, Artforum International, Critic’s Pick, 2019

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We are delighted to present the fourth solo exhibition of the artist Ilse Henin, a tribute to her 80th birthday in November and a testimony to her tireless creative energy. The large-format sheets on display are part of a comprehensive series created in recent months. Like a stream of consciousness, images, memories and dreams run along the gallery walls, corresponding with each other across the borders of the sheet and yet standing alone in their complexity.

The "Villa Friede" is where the artist was born in Bonn Bad Godesberg. From 1942, the University Women's Clinic of the City of Cologne was partially relocated there, and from October 1944 it was completely relocated due to the increasing bombing. Birth and death: a recurring theme in Henin's drawings. However, the name "Villa Friede" also stands for a utopian place where people come together in peace and respect, a political concern that Henin has pursued since the 1960s as a peace activist and opponent of nuclear power and still lives by today.

The tensions and fronts in her current drawings, in which seemingly insurmountable opposites confront each other and which she simultaneously balances formally with her unmistakable visual language, show how far away such a place is in the present. She takes a rigorous look at the state of the world with its suffering, its agony but also its beauty. She demands that viewers have the courage to look and position themselves. Cold machines meet injured bodies, missiles and weapons leave behind a dystopian reality in which human beings wriggle and writhe. The partially deformed bodies seem to have grown together from various animal or human beings and abstract spaces.

"[Ilse Henin's work] unfolds a panorama of social or, if you like, inner conflicts, epitomised by a female-male dichotomy: her protagonists, some only sketchily outlined, others archaic, totemic figures, accompanied by animals, fight and debate, aggressively intrude and gently merge. Henin's powerful lines and female figures, who fight for space not only within the square boundaries of her paper, appear as energetic as if they came from the hand of an angry young girl. This presentation comes at the right time: it shows that female artists, especially older ones, are not just white male masters."*


Ilse Henin (*1944) lives and works in the Eifel region. From 1966 to 1970, she studied at the Karlsruhe Art Academy under Professor Horst Egon Kalinowski. Between 1970 and 1978 she was a regular member of the "Neumarkt der Künstler" in Cologne, an alternative artists' initiative. Numerous exhibitions in Germany and Europe. In 2023, over 70 of Henin's works were shown as part of the exhibition Die unhintergehbare Verflechtung aller Leben at the Kunsthalle Düsseldorf. Her works can be found alongside private collections in the collection of the Federal Republic of Germany and the Graphic Collection of the Museum Kunstpalast in Düsseldorf.


*Astrid Mania on Ilse Henin’s exhibition Weiß wie Schnee, Artforum International, Critic’s Pick, 2019.