Freundlicher Besuch beim Nachbarn ohne Ankündigung

Dragutin Banic
22. April 2023 — 3. June 2023
/please find the english version below/

Anlässlich seiner vierten Einzelausstellung bei KM lädt der in Köln lebende Künstler Dragutin Banic (*1979) im vorderen Raum der Galerie mit vier wandfüllenden Object Paintings zu einem vieldeutigen Dialog ein.

Ohne Titel (CINEMA) erweitert den Bildraum der Leinwand mit assemblierten Architekturfragmenten. Die strenge Komposition steht in einem ambivalenten Verhältnis zu der spielerischen Verbindung der Materialien. Die Komposition ist vom Künstler in die Architektur von Werner Düttmann eingefügt, so dass vom Bild aus ein neuer Raum für Projektionen geöffnet wird.
Tiho kroz dolinu (quietly through the valley) in der Raumnische bietet dem Betrachter eine Leserichtung an, die das Relief zu einer Bilderzählung macht, die über die abgebildeten Elemente hinausgeht. Die Ziegelsteine und Mülltonnen verweisen auf einen undefinierten Ort, einen Hinterhof, eine Brache, deren Versprechen ein provisorischer Schutzraum ist.

Aus einer amorphen schwarzen Scheibe entwickelt sich im Werk Spaziergang 2 eine weitere komplexe Bilderzählung. Das Arrangement folgt hier den Gesetzen des Wassers, um Phänomene des Wandels und des Austauschs zu verbildlichen. Eine einsame Figur steht angedeutet, sich fast auflösend auf einem aus dem Bildraum führenden Weg. Der Kopf der Figur ist zugleich der Ausfluss eines Regenrohrs. Übergroße Tropfen fließen am Körper der Figur hinab und verbinden sich mit dem Weg. Im Hintergrund leuchtet ein roter kuppelförmiger Körper, überlagert von abstrahierten Ästen. Auch aus den links und rechts das Bild rahmenden Regenrohren fließt Wasser. Die rechte obere Seite ist ein leuchtendes wasserblaues Feld. Nur die echte Regenrinne, die auf das Bild montiert ist, bleibt trocken.
In Ohne Titel (Tag–Nacht) leuchten vereinzelte geometrische Körper aus einem dunklen Raum, der sich in seiner Vielfältigkeit erst bei genauer Betrachtung erschließt. Ein taghelles Fenster läßt den Betrachter in eine karge, seltsam einladende Landschaft blicken, in der kahle Bäume eine fahle Sonnenscheibe umschließen. Auch hier fließt Wasser in den dunklen Bildraum durch comicartige Regenrohre, spannungsreiche Schattierungen verbinden die solitären bunten geometrischen Körper.

Das Wasser sammelt sich in dem konischen Körper aus Zinkblech, um durch das Regenrohr abzufließen. Ein schnabelförmiges Rohr verhindert das Überlaufen der Rinne, wenn das Rohr verstopft, oder zu klein ist, um das Wasser aufzunehmen. Er ist auf eine rot leuchtende Leinwand montiert. Aus der Ferne monochrom erscheinend zeigen sich in dem Werk Balkon 2 Konstellationen abgetönter Formen, die von einem vibrierenden grünen Band gerahmt werden. Zinkgrau sind die Seiten des Bildes eingefasst, am unteren Bildrand hat sich eine Pfütze gebildet.

Die Object Paintings von Dragutin Banic sind in den Bildraum komponierte Konstellationen aus symbolischen Stellvertretern, die sich wie auf einem Spielfeld zueinander verhalten und einen subtilen Humor wie auch melancholische Momente in sich tragen. Die dynamisch gemalten Felder zwischen diesen Stellvertretern sind ins Gegenständliche kippende abstrakte Räume der Bewegung. Der Pinselstrich trägt diesen Fluss über die einzelnen Werke hinweg, wie abstrahiertes Wasser, das frei und ungeleitet fließen kann und durch die Zirkulation Leben spendet.
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On the occasion of his fourth solo exhibition at KM, Cologne-based artist Dragutin Banic (*1979) invites viewers to an ambiguous dialogue in the front room of the gallery with four wall-sized object paintings.

Untitled (CINEMA) expands the pictorial space of the canvas with assembled architectural fragments. The strict composition stands in an ambivalent relationship to the playful connection of the materials. The composition is inserted by the artist into the architecture of Werner Düttmann, so that from the picture a new space is opened for projections.
Tiho kroz dolinu (quietly through the valley) in the space niche offers a reading direction that turns the relief into an image narrative that goes beyond the elements depicted. The bricks and trash cans refer to an undefined place, a backyard, a wasteland whose promise is a provisional shelter.

Another complex pictorial narrative develops from an amorphous black disc in the work Spaziergang 2. The arrangement here follows the rules of water to visualize phenomena of change and exchange. A solitary figure stands implied, almost dissolving on a path leading out of the pictorial space. The figure's head is also the outflow of a rain pipe. Oversized drops flow down the body of the figure and connect with the path. A red dome-shaped body glows in the background, overlaid with abstracted branches. Water also flows from the rain pipes framing the image on the left and right. The upper right side is a glowing water-blue field. Only the real rain gutter mounted on the painting remains dry.
In Untitled (Day-Night), isolated geometric bodies shine out of a dark space, the multiplicity of which only becomes apparent upon close inspection. A daylight window lets the viewer gaze into a barren, strangely inviting landscape in which bare trees enclose a pale disk of sunlight. Here, too, water flows into the dark pictorial space through comic-like rain pipes, tense shading connecting the solitary colorful geometric bodies.

The water collects in the conical body of zinc sheeting to drain through the rain pipe. A beak-shaped pipe prevents the gutter from overflowing if the pipe becomes clogged, or too small to hold the water. It is mounted on a glowing red screen. Appearing monochromatic from a distance, the work Balkon 2 reveals constellations of toned shapes framed by a vibrant green band. The sides of the painting are framed in zinc gray, and a puddle has formed at the lower edge of the picture.

The object paintings of Dragutin Banic are constellations of symbolic substitutes composed in the pictorial space, which relate to each other as if on a playing field and carry a subtle humor as well as melancholic moments. The dynamically painted fields between these representatives are abstract spaces of movement that turn into the figurative. The brushstroke carries this flow across the individual works, like abstracted water that can flow freely and unguided, giving life through circulation.

*Friendly visit at the neighbor without notice