a favorite place to hide
Dragutin Banic
25. January 2020
—
28. March 2020
In seiner zweiten Einzelausstellung bei KM zeigt sich Dragutin Banic mit Fragen der Sichtbarkeit, des sich Sehenlassens und Gesehenwerdens befasst. Dabei verwandelt er das Innere der Galerie zu einem Raum hintergründigen Versteckspiels – einem Versteckspiel indes, in dem die Regeln des Spiels zugleich offengelegt werden. So sind die Szenarien, die Banic entwirft, von aller Anwesenheit des Menschen entledigt, der Betrachter selbst tritt in den Mittelpunkt der Ausstellungskonzeption. Scheinbar nur mehr sich selbst genügend, ermöglichen die Bilder und Skulpturen so ein umso intensiveres Sehen, eine umso intimere Betrachtung.
In Gang gesetzt wird dies zunächst durch einen programmatisch reduzierten Motivbestand. Wiederholt tauchen frei im Bildraum komponierte Baumstümpfe, Astwerk, grobe Planken auf. Nur noch vereinzelte Körper, bilden sie das Kernmotiv in Blau Rot Gelb (2019), während sie in Maiskolbenentkörnung (2020) fast in den Räumen der Leinwand verschwinden. Wiederholt kommt das Motiv des Mauerrests zum Einsatz, so in den skulpturalen Arbeiten oder auch in Landwirtschaft (2019). Vordergründig vertraut, gewinnen die Motive durch ihren ausschnitthaften Charakter nicht nur eine diffuse Fremdheit. Als derart fragmentierte Motive, verweisen sie auch auf das übergeordnete Ganze ihres früheren Kontexts. So wird auf ein Außerhalb des Dargestellten verwiesen – bei dem zugleich offen bleiben muss, ob es überhaupt darzustellen gewesen wäre. Ferne Erinnerung an das, was war, gesteigerte Gegenwärtigkeit von dem, was ist.
In den Malereien sind diese Einzelmotive trotz ihres isoliert-fragmentarischen Charakters zugleich auch in Räume mit einer enormen Tiefenwirkung eingebunden. Diese Tiefe ist indes nicht die gewohnter, perspektivischer Darstellung. Sie ergibt sich vielmehr in der Staffelung, im nie ganz eindeutigen Spiel eines Davor und Dahinter ganz verschiedener, sich zwischen Figürlichkeit und Farbigkeit bewegender Malschichten. In Ohne Titel (2019) erhebt sich das Motiv einer verlassenen Baumgruppe aus lasierend ineinander fließenden Farbballungen – um an einer Stelle die Unterzeichnung eines Mauerfragments aufscheinen zu lassen. Die Sichtbarriere wird zu einem Medium des Sehens. In Landwirtschaft greift dieses Spiel mit darstellerischen Konventionen und Erwartungshaltungen ins Skulptural-Räumliche aus. Hier endet ein Mauerrest just an der Stelle, an der ein aufmontierter Fensterladen die Öffnung auf eine Sichtbarkeit verspricht – um dies durch seine Nichtfunktionalität im gleichen Moment wieder zu unterlaufen. Es handelt sich also um verborgene Orte ganz unterschiedlicher Art, die sich hier eröffnen. Ebenso aber Orte faszinierender Fremdheit und utopischer Sehnsucht, nicht zuletzt Orte eines subtilen Humors. Somit kein eindeutiger Ort, der im Ausstellungstitel anklingt. Stattdessen ein Refrain: a favorite place to hide.
Text: Sebastian Hammerschmidt